Kampf dem Helfersyndrom… und peinliche Bekenntnisse!  

Anderen ungefragt “Hilfe” aufzudrängen, geht erfahrungsgemäß oft in die Hose - und nervt einfach nur, anstatt zu helfen. Wieso das? Und was sind Alternativen? Lest selbst…

Da gibt es eine Spezies Mensch, die anderen so richtig auf die Nerven gehen kann…. und jetzt wird’s peinlich: Ich war mal eine davon!
(Vielleicht immer noch, aber ich hoffe, es hält sich mittlerweile in Grenzen 😛 )

“Ich will doch nur helfen” sagen solche Leute – und meinen eigentlich etwas ganz anderes, auch wenn ihnen oft selbst nicht bewusst ist.

Hier eine kleine Auswahl, was alles unterschwellig dahinterstecken kann:
“Ich weiß besser als du, was für dich gut ist…”
“Ich will, dass du meinen Erwartungen entsprichst…”
“Bittebitte hab mich lieb…”
„Wenn ich was für dich tue, dann musst du auch was für mich tun…“
„Wenn du nicht dankbar bist, bist du ein schlechter Mensch und ich zahle es dir heim…“
“Ich kann es nicht ertragen, dich leiden zu sehen, da fühl ich mich schuldig…”
“Ich habe Angst, jemals so etwas erleben zu müssen – das will ich nicht sehen! Also muss ich dir helfen…”
“Ich leide so sehr unter meinem Leben, also will ich mich besser fühlen, indem ich dir helfe…”
“Hilfe, mein Leben ist so sinnlos!”
“Guckt mal, wie toll ich bin! Seht her! Ich helfe sogar anderen!“
“Vielleicht sehen ja andere meine Fehler nicht, wenn ich dir helfe…”
“Ich fühle mich selbst schuldig und wertlos, also muss ich wenigstens anderen helfen…”

oder, oder, oder!

Vielleicht erkennst du dich ja auch wieder, oder kennst andere Leute, die auf diese Weise nerven können.

Hinter solchen Hilfs- und Rettungsangeboten steckt oft verzweifeltes Suchen nach Wertschätzung, Liebe und Sinn… die derjenige selber in sich nicht findet.
Oder vielleicht steckt dahinter auch Überheblichkeit und Arroganz, nach dem Motto: Du Idiot hast eh keine Ahnung, ich weiß es besser. Auch bloß eine Form von Minderwertigkeitskomplex – mit dem man sich selber einsam und unglücklich macht.

Bitte versteht mich nicht falsch: Das soll NICHT heißen, dass wir aufhören sollten, andere zu unterstützen! Insbesondere in Notfällen brauchen wir sicher nicht zögern, um unsere eigene Motivation zu überprüfen… Und natürlich brauchen wir jede Menge Menschen, die gerne helfen, völlig egal wieso.  

Worauf ich mich in diesem Artikel beziehe, sind z.B. ungefragte Ratschläge und krampfhaften Hilfs-Aktionismus, viele „Entwicklungshilfe“-Projekte“ und auch Therapieangebote, die Menschen in ihrer Unselbständigkeit belassen. Viel zu oft zeigt sich: Je mehr man für andere tut, desto weniger tun sie für sich selbst…

Wenn man mit seinen Hilfsangeboten bloß seine eigene Ohnmacht, Einsamkeit und andere Probleme kaschieren will, sind sie nicht authentisch.

Solange man anderen seine Erwartungen aufdrücken will, wie sie zu sein haben – so lange ist es keine echte Hilfe, sondern Ego-Streicheln.
Wenn hinter Hilfsangeboten bloß Erwartungen stecken, dass andere gefälligst dankbar sein sollen, dich anerkennen und lieben sollen – wird man logischerweise ent-täuscht.
So kann nichts wirklich Glückbringendes herauskommen!

Da spreche ich aus eigener Erfahrung…

Peinliche Bekenntnisse!

Ständig wollte ich helfen, die Welt ein bisschen besser machen, anderen die Arbeit abnehmen, anderen zeigen wie alles mögliche geht. 

In der Schule habe ich für Mitschüler Hausaufgaben erledigt – und damit genau: nichts bewirkt. Also nichts Sinnvolles.
Nach dem Studium habe ich in einem Projekt der “Entwicklungshilfe” (was für ein scheinheiliges Wort…) mitgearbeitet, und musste feststellen, dass das Ganze auf dem Mist von Europäern gewachsen war, die null Ahnung haben, was die Menschen vor Ort brauchen. Wieder nichts bewirkt.
Später habe ich Referendariat gemacht, habe versucht, Teenagern meine Begeisterung für Physik zu vermitteln – und wieder: nichts bewirkt.

Naja gut, “nichts bewirkt” stimmt so natürlich auch nicht! Ich habe viel gelernt und interessante Erfahrungen gesammelt, und ich hoffe, die Menschen, mit denen ich zu tun hatte, auch!

Seit dem Referendariat ist viel passiert…Trauer und Depression, Wiederaufbau, Sinnsuche, Erwachsenwerden, Gemeinschaft und viele Erkenntnisse.
Und jetzt (Februar 2025) habe ich einige Jahre Leben in Gemeinschaft hinter mir und viele Fortbildungen – und mittlerweile begleite ich Menschen, die an Wendepunkten ihres Lebens stehen, bei der Überwindung alter Muster und Ängste, und dabei, kraftvoll und authentisch neue Wege zu gehen.

Ist das jetzt auch wieder ein Ausdruck von Helfersyndrom?
Hey, vielleicht. Ich behaupte nicht, dass ich total frei von dem Bedürfnis nach Anerkennung wäre 🙂
Doch ich tue es, weil es mir Freude macht, und weil ich mich freue, wenn andere sich lebendiger fühlen und ihre Ideen auf die Erde bringen.
Ich
muss nichts davon tun, um mich gut und wertvoll zu fühlen. Ich tue das, was mein Herz mir sagt, ohne Erwartungen (naja größtenteils 😉 ), was dabei herauskommen soll.

Und was bringt das?

Klar kommen nicht alle Angebote bei jedem an – das kann gar nicht das Ziel sein. Doch die menschlichen Verbindungen, die ich derzeit finde, fühlen sich einfach echt an – auf Augenhöhe.
Ich fühle mich immer mehr in meiner Kraft und Mitte – und ich sehe immer mehr das unendliche Potential in anderen Menschen.

Was also tun?!

Anstatt Menschen in ihrer Rolle als Opfer und Patienten zu belassen, und sie mit unseren Erwartungen unter Druck zu setzen, können wir auch ein Spiegel oder Katalysator sein.
Das heißt, wir können Menschen ihr eigenes innewohnendes Potential zeigen – und sie inspirieren, dieses zu entfalten.
Das geht am besten, wenn wir uns selbst annehmen, so wie wir sind, mit all unseren Stärken und Schwächen, und frei von Ängsten und Erwartungen einfach unserem Herzensweg folgen – so können wir auch andere Menschen dazu anregen, in ihre eigene Kraft zu kommen.

Genau das tue ich in meiner Begleitung.

Und: Da draußen sind Menschen, denen DU mit genau deinen Lebenserfahrungen eine Inspiration bist.
Jeder Mensch braucht Gegenüber, um sich zu entwickeln – und es gibt Menschen, für die DU dieses Gegenüber sein kannst!


Kommt dir etwas davon bekannt vor? Welche Erkenntnisse hat dir der Artikel gebracht? 

Teile gerne deine Erfahrungen, konstruktives Feedback, Ergänzungen und Fragen in den Kommentaren!

5 Antworten

  1. Wenn man mit einem Menschen zusammen kommt der einem immer wieder helfen und beschenken will , dann wird man in eine Rolle gedrängt.
    Der Helfer signalisiert Du brauchst meine Hilfe und Geschenke.
    Ich bin gut und stark und Du bist schwach,
    Der Helfer schadet dem , dem Er hilft,
    Man muß sich von solchen Helfertypen trennen damit man nicht zum Opfer wird
    Mit frdl. Gruß
    Siegmar Uecker

    1. Hallo Siegmar,
      ja danke für deine Ergänzung!
      Du schreibst „lieber von den „Helfertypen“ trennen… “ auf persönliche Situationen trifft das wohl oft zu. Und es erinnert mich auch an politische Zusammenhänge – speziell daran, wie Industrieländer mit sogenannten „Entwicklungsländern“ umgehen. Allein das Wort „Entwicklungshilfe“ impliziert ja, dass da jemand denkt, andere Länder wären schwächer, dümmer, selbst unfähig zu Entscheidungen… und das Ziel der ganzen Welt müsste es sein, so zu werden wie die Industrieländer.
      Haha… Nein danke ? Und oft, vielleicht meistens, schadet die „Entwicklungshilfe“ eher bzw nutzt eher der Wirtschaft der Geberländer.
      Ob es jetzt schlauer wäre, die Länder sich selbst zu überlassen? Wahrscheinlich schon! * philosophier *
      Viele Grüße,
      Manuela

  2. Ohjaa,
    ich kenne das auch, auf dem Weg zur Selbstliebe, hab ich vermutlich alle Helfersyndrompunkte praktiziert, mit Feuereifer, bis zum totalen Zusammenbruch. Im sozialen Bereich nervt das die meisten Kollegen überhaupt nicht, im Gegenteil, ist doch super wenn die läuft… 🙂
    Jetzt lerne ich gerade um Hilfe zu bitten ( oh was für ein Schritt ) und lerne Menschen kennen die das auch gerade erfahren… ziemlich schöne Erfahrungen – 🙂
    vielen Lieben Dank
    Inge

  3. Hallo, ich hatte das Helfersyndrom auch praktisch ausgelebt Seit 2-3 Jahren sagte meine Frau grade wäre ich egoistisch geworden. Für mich ein Lob!!!! Nachdem ich über 50 Jahre meinte immer sofort parat stehen zu müssen, trotz Familie und Vollzeitjob und erkrankten Partnerin hab ich mir angewöhnt den Samstag(in der Bibel Schabbat=Ruhe) zu halten und nicht fort zu rennen. Es fällt immer noch schwer“Nein“ zu sagen. Vor allem wollen mir dann(un-)berufen Leute meine Selbstliebe madig machen. Durch das klare“Nein-“ oder“Ja“ -sagen sind (fast) alle zufrieden. Glg von Horst….vllt. treffen wir uns mal, liebe Manuela

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